Mittwoch, 30. Oktober 2019

Work Day


Ich fasse noch einmal zusammen, wie mein Arbeit generell ablaeuft.
Meistens fange ich um sechs Uhr im Restaurant Paddy's an. Die ersten 45 Minuten ist meistens nichts los. Die Ruhe vor dem Sturm.
Dann gibt es drei verschiedene Rollen, die wir uns  aufteilen.
1. Hinter der Essensbar. Dort werden Essens- und ggf. Getraenkebestellungen aufgenommen.
2. Hinter der Getraenkebar. Hier werden Getränke ausgegeben, Glaeser gespuelt und poliert.
3. Als Kellner. Essen zu den Tischen bringen (jede Bestellung hat eine Tischnummer), Teller und Glaeser abraeumen.
Die Getraenkebar ist mein Lieblingsplatz.
Ab acht bis meistens zehn Uhr wird dann aufgeraeumt. Zunaechst wird die Essensbar und die Kaffeemaschine geputzt, Tische gewischt, schon einmal einige Stuehle hochgestellt,  Besteck poliert, alle Glaeser und anderer Kram durch die Spuelmaschine gejagt, die Stuehle von draussen reingeholt, die Kuelschraenke aufgefuellt- und dabei haeufig Pommes gegessen.
Ab neun gehe ich meistens rueber in die Bar Exchange. Das Ganze zusammen nennt sich Exchange Hotel.
In der Bar gebe ich dann eigentlich nur Getränke aus. Auch hier muessen die Kuehlregale aufgefuellt werden. Das dauert bei den Mengen aber meistens etwas laenger. Gut, dass man den Fan ausstellen und eine dicke Jacke drueber ziehen kann. Die vollen Kisten mit dem Trolley von A nach B und durch die Tueren zu bekommen ist auch nicht unbedingt so einfach. Zwei Flaschen habe ich schon zerschmettert. Aber auch schon zwei Glaeser, wenn ich schon dabei bin...
Am Ende der Nacht, meistens gegen 2, ausser Sonntags gegen 12, wird dann auch die Bar geputzt. Das ist es so generell. Tagsueber finden sich natürlich manchmal noch andere Aufgaben, zum Beispiel Bierzapfhaehne sauebern, aber das ist dann immer wieder mal und nicht taeglich.
Am Ende des Tages gibt es dann haeufig noch ein Staffy. Ein kostenloses Getränk fuer die Angestellten.

Da ich nicht wirklich viel über meine Zeit im Exchange niedergeschrieben habe, kommen hier noch einmal ein paar der besten Situationen:

An einem Tag hatte einer der Kunden seine Kreditkarte verloren, diese wurde aber bei uns in der Bar weiter genutzt. Jeder von uns in der Bar bekam die Kartennummer und seinen Namen auf die Handinnenfläche geschrieben, damit wir ggf. die richtige Karte identifizieren konnten. Nach meiner Schicht schrubbte ich die Nummer schnell wieder weg, damit Storm nicht auf die Gedanken kam, es handele sich um die Nummer irgendeines Kerls.

Einen anderen Tag hatten wir eine Gruppe von Leuten, die erst im Restaurant eine Runde Snickershots nach der anderen bestellt hatten, und dann rüber in die Bar kamen, um auf Black Samuca Shots umzusteigen.
Beide angefangenen Flaschen tranken sie leer und wir mussten neue aus dem Vorratsraum holen gehen.

Eines Nachts blieben wir wieder länger zum Trinken. Shane hatte auch eine Weile dabei gesessen, ließ uns aber mit der Warnung „Just twenty minutes more“ zurück.
Wir waren alle schon angeheitert und wollten eigentlich ungern gehen. Sally hielt sich aber daran und schmiss uns genau zwanzig Minuten später aus der Bar.
Clay, Andy, Charlie und ich gingen hoch. Charlie holte seine Skimpieklamotten und wir trafen uns alle in Andys Zimmer wieder. Stolz zeigte er uns jedes einzelne seiner Outfits und ich muss sagen, es stand ihm ausgezeichnet gut. Der Thong hätte mir niemals so gestanden.
Wir vernichteten Andys Schokolade, lachten viel und auch Clay brachte mit seinen Posen seine schwulste Seite hervor.
Leider wurde unsere gute Laune durch Shane wütendes Klopfen gestört. Charlie versteckte sich schnell hinter dem Bett, damit Shane keinen Blick auf seinen Körper erhaschen konnte. Clay und ich wurden rausgeschmissen, Charlie in sein Zimmer verwiesen. Schade aber auch.
Da Clays Haus aber genau auf meinem Nachhausweg lag, schob ich das Fahrrad und wir unterhielten uns noch eine Weile.

In die Gold Bar gingen wir auch häufig. Zum Beispiel in Dans erster Nacht.
Wir tranken erst in der Bar vor (ein Getränk pro Stunde, da ich noch fahren musste). Dan, Jacinta, Jordyn und ich hatten an diesem Tag nur im Restaurant gearbeitet, Maria und Charlie kamen bald dazu, da in der Bar für einen Freitagabend absolut nichts los war.
Zusammen zogen wir in die Goldbar, der einzige Club in Kalgoorlie, wo ich sonst eigentlich immer nur mit Glenn hinging. Wir tanzten auf verschiedenen Tanzflächen und Jacinta und Jordyn verabschiedeten sich irgendwann (sie hatten eingesehen, dass Daniel nicht an ihnen interessiert war, Charlie tanzte doch hoffnungsvoll). Wir hatten super Spaß, bis er plötzlich verschwand. Und nicht mehr zurückkam.
Dieses „ghosten“ waren wir normalerweisen nur von Courtney gewöhnt, der das ständig machte. Er verschwand einfach von der Bildfläche, wenn er merkte, dass eer zu betrunken war.
Maria, Charlie und ich konnten nicht wiederfinden, weshalb wir ihm schrieben und zurück zum Exchange gingen. Sally räumte gerade auf und lachte nur über die Geschichte.

Clay und ich wurden auch Pausenpartner. Genauso wie ich hatte er wenig Lust, in den 45 Grad des Sommers Kalgoorlies nach Hause zu laufen, weshalb wir manchmal im gut gekühlten Restaurant an unserem Standartisch saßen. Dieser Tisch stand natürlich den Kunden zur Verfügung, wurde am Ende des Abends aber immer zum Polieren des Bestecks genutzt. In der Mittagspause saßen wir dann häufig hier, aßen und spielten Scrabble. Das endete meistens in lautem Gelächter (und manchmal irritierten Kundenblicken), da ich das Lexikon zur Hilfe nahm und manchmal mit seltsamen Wörtern (wie z.B. ein anderes Wort für Vagina) ankam. Dank des Lexikons gewann ich aber auch überwiegend.
Andere Tage nahm ich mir die Stifte und malte die Kinderbilder aus, die wir den Gästen zur Verfügung stellten. Besonders Ella und Courtney fanden das immer ganz lustig.

Mit Clay hatte ich generell am meisten Spaß während der Arbeit. Besonders zum Ende hin führten wir in der Bar regelmäßig Eiswürfelschlachten, die sich so weit entwickelten, dass wir zwischendurch den Schlauch auf einanderhielten und uns mit Trinkwasser bespritzten.
So amüsierten wir viele Kunden, die uns dann auch anfeuerten, oder darauf hinwiesen, wo der andere sich gerade versteckte. Wenn Charlie Manager war, fanden unsere Kriege ganz auffällig Stadt, bei Sally waren wir etwas vorsichtiger und wenn Shane auftauchte, waren wir die bravsten Barleute, die die Welt je gesehen hatte.

Maria und ich verbrachten viel Zeit unserer Freizeit mit Backen. Brownies, Cookies, Vanille Kipferl, … Manchmal nahmen wir mein Corona zum Ausrollen, manchmal zum Zerbröseln von Keksen. An anderen Tagen gingen wir einkaufen, shoppen oder redeten einfach.
Für einen Tage machten wir aber auch einen Ausflug nach Esperance.
Um sieben Uhr morgens ging es los. Ich hatte uns Äpfel und Kekse mitgenommen, die wir schon überwiegend auf der 4,5 stündigen Autofahrt verdrückten.
In Esperance angekommen, konnten wir es kaum fassen. Es war fast schon etwas kühl, eine frische Brise wehte und die Luft schmeckte salzig. Wir fuhren etwas an der Küste entlang, bis wir einen abgelegeneren Strandabschnitt fanden. Hier pflanzten wir uns in die Sonne und gingen einige Male schwimmen. So türkisfarbenes, klares Wasser hatte ich noch nie gesehen. Das Schild über Haie und Strömungen entdeckten wir erst auf dem Weg zurück zum Auto.
Unglücklicherweise waren wir beide nicht an die Sonne Australiens gewöhnt und verbrannten uns total. Deshalb entschlossen wir uns, mit Handtüchern über den Schultern Eis einkaufen zu gehen und an der Promenade entlangzuspazieren. After-Sun-Creme besorgte ich mir auch gleich mit.
Auf dem Rückweg fuhr ich dann, was ganz lustig war, da das Auto einen Gang mehr hatte und mich etwas verwirrte. Bis auf die Kreisverkehre in Kalgoorlie selbst, fühlte sich Maria anscheinend ganz sicher.

Auch mit einer der Küchenhilfen traf ich mich manchmal. Kurz nachdem ich angefangen hatte, im Restaurant zu arbeiten, lud er mich zum Trinken ein. Zusammen fuhren wir zu einem Pub, der eine Stunde außerhalb von Kalgoorlie lag. Dort schrieb ich „Ein Zwerg“ an die Wand. Der Pub war nämlich über und über mit Unterschriften übersät. Es war schwer gewesen, eine freie Stelle zu finden. Ich fand einen netten Jumpsuit, als wir zusammen in einem OP-Shop waren und er kaufte sich ein Hawaiihemd, dass er den ganzen Tag nicht mehr auszog.

Silvester und Neujahr waren keine besonders guten Arbeitstage. Wir wurden doppelt bezahlt, aber es war auch unglaublich anstengend.
Selbst um genau zwöf Uhr musste ich ein Getränk ausschenken. Die Bar war rammelvoll. Glenn kam vorbei, um mir ein frohes neues Jahr zu wünschen, das fand ich unglaublich süß.
Am nächsten Mittag zu arbeiten, war aber noch schlimmer. All diese verkaterten Leute, die eigentlich nur ihrer Familie wegen das Bett verlassen hatten. Eine Frau ließ ihre Lamb Shank drei Mal zurück zur Küche bringen!

Besonders gerne mochte ich die Top-Drill-Leute. Diese kamen jeden Tag und man kannte sie irgendwann auch mit Namen. Drei von diesen unterhielten sich auch immer etwas mit mir und wiesen mich fast täglich auf meien Hikkies hin. Es war schon ziemlich lustig (Courtney zum Beispiel fand erst kurz vor Bali heraus, dass es sich nicht um ein wanderndes Muttermal handelte).

Irgendwann hatte Courteny beschlossen, dass ich soweit war, um anderen die Bestellungsaufnahme beizubringen.
Ich hatte eigentlich fast jede Schicht an der Essensbar verbracht, aber ich war doch nervös. Zum Glück war der 19-Jährige Italiener unglaublich lieb.
Zwei Tage später durfte ich es sogar Dan beibringen, was etwas schwerer war, da ich mich immer noch an den Dialekt des Iren gewöhnen musste. Sogar Sally musste immer wieder nachfragen.

Zu Weihnachten setzten Charlie und ich einen Weihnachtsbaum auf und schmückten einen ganzen Raum. In diesem Raum hatten wir dann später unsere Weihnachtsfeier. Wir wichtelten und Courtney hatte sich als Weihnachtsmann verkleidet. Maria und ich waren vorher zusammen einkaufen gegangen, was gar nicht so einfach gewesen war. Ich hatte nämlich sie gezogen gehabt.
Shane überraschte uns mit riesigen Tüten voll mit McDonalds esssen und einen freien Cocktail dazu.
Später tranken wir noch etwas an der Bar und Maria und ich gingen zu Target shoppen.

Mein letzter Arbeitstag ging irgendwie total schnell vorbei. Schon den ganzen Januar über war es auffällig ruhig gewesen, da viele Leute in den Urlaub gefahren waren und ggf. wegen der Buschbrände außerhalb Kalgoorlies festsaßen.
An diesem Tag arbeitete ich nur im Restaurant und wir fingen gegen neun Uhr an unsere Staffys zu trinken. Charlie, Maria, Jacinta, ein neues Mädchen und ich. Wir gingen nach oben in den Aufentahltsraum und Shane, Storm und Glenn (die beiden durften ausnahmsweise kommen) stießen dazu. Wir spielten abwechselnd Bierpong und unterhielten uns draußen auf der Terasse. Shane hatte sogar zwei Jugs Bier hinzu gesteuert.
Storm ging relativ früh, aber Glenn ließ sich von seiner Arbeit am nächsten Morgen nicht stören. Sobald Storm gegangen war, spielten Clay und ich eine unglaublich gute Runde nach der anderen. Woran das wohl lag?
Glenn bestellte uns beiden später ein Taxi nach Hause. War ja nicht das erste Mal.

Aber Glenn nahm mich nicht nur mit Feiern, er brachte die Feiern auch zu unserem Haus. Eines Morgens, ich war in der Nacht erst um kurz nach zwei von der Arbeit wiedergekommen, wurde ich von Leuten stimmen geweckt. Und sie verschwanden auch nicht.
Ich liebes es ja, wenn etwas passiert, also zog ich mir meinn Arbeitsshirt wieder an, dass noch neben dem Bett lag und schaute wir das Spektakel an.
Lilli? What are you doing here?“- „I was sleeping“ Andy konnte es nicht fassen. Er hatte nicht gewusst, dass Glenn mein Mitbewohner war. Marias Flatmate fragte mich, ob ich immer in meinem Arbeitsshirt schliefe. Auch eine dumme Frage. Courtney drückte mir ein Bier in die Hand und ich ließ mich nach draußen ziehen. Wir machten Fotos mit dem Sonnenaufgang, quatschten und einige Leute probierten mein pinkes Fahrrad aus. Andy schaffte es, umzukippen und sich seine Hose im Schnitt aufzutreiben. Am nächsten Tag behauptete, er sich nicht mehr daran erinnern zu können, trug die Hose aber noch über eine Woche notdürftig genäht zur Arbeit, bis er sich endlich eine neue kaufte.
Als ich gerade alle verabschiedet hatte, kam Storm in die Küche, nahm mich an der Hand und zog mich wortlos zurück ins Schlafzimmer.

Zum Saint Barbara's Festival sind Storm und ich in die Stadt gefahren. Noch nie habe ich die Stadt so voll gesehen! Es erinnerte mich sehr an Karneval. Riesige Mienenfahrezeuge fuhren durch die breiten Straßen Kalgoorlies und es wurden tatsächlich auch ein paar Süßigkeiten geworfen. Storm hob mir eines auf, schon halb geschmolzen, aber eigentlich ganz lecker.

An einem Sonntagnachmittag fuhr ich Storm in seiner Mittagspause besuchen und brachte ihm Cola und Eis vorbei. Es ist unglaublich, wie sehr ich mich freute, als er dann seinen Manager fragte, ob er frühzeitig nach Hause gehen dürfte. Anstatt weiter zu arbeiten, fuhr er mit mir ins Schwimmbad!

Ein anderes Wochenende überzeugte ich ihn, für den Sonnenuntergang zum Mount Charlotte Lookout zu fahren. Beim Hochlaufen verliefen wir uns ersteinmal, waren aber rechtzeitig dort. Vor der orangenen Sonne schossen wir eines meiner Lieblingsselfies.








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